Das Leben ist nicht immer einfach. Es gibt Momente im Leben, an denen man sich wünscht, dass alles anders gelaufen wäre. Aber so einfach ist das nun einmal nicht. Besonders der Beruf des Musikers wird heutzutage einfach nicht mehr geschätzt. Das soll jetzt kein Jammern, Klagen oder Meckern sein. Im Gegenteil. Ich will darüber schreiben wie hart es als Musiker sein kann, aber wieviel es einem doch zurück geben kann.
Ich bin Musiker. Kein Hobbymusiker wie wohl die meisten. Ich bin Berufsmusiker. Ich habe mich schon immer für die Musik interessiert. Mit 14 habe ich angefangen Gitarre zu spielen. Um ehrlich zu sein, habe ich damit damals begonnen, um als Teamer in der Kirchengemeine einfach Lieder begleiten zu können, und vielleicht auch ein wenig um die Damenwelt zu beeindrucken. Seit diesem Moment gab es nur wenige Tage, an denen ich kein Instrument in der Hand hatte. Sogar im Wanderurlaub in Schweden hatte ich eins dabei.. Ich habe mir kurzerhand in Schweden eine Ukulele gekauft.
Mit 17 Jahren hatte ich schon einigermaßen viel Erfahrung auf der Gitarre. Ich hatte von Anfang an Gitarrenunterricht bei einem Profi – das erste Jahr noch in einer Zweiergruppe, danach im Einzelunterricht. Und weil mich die Gitarre nicht mehr so sehr begeisterte, wechselte ich zum E-Bass. Bis heute mein favorisiertes Instrument, auch wenn ich noch weiterhin Gitarre spiele, und Klavier, Bodhrán und Kontrabass lerne, vom Gesangsunterricht ganz abgesehen. Ich habe früh gelernt, dass man als Musiker mehr verdient, wenn man breit gefächert aufgestellt ist.
Beim E-Bass habe ich mein Element gefunden – die Groovereserven der Band, das Tiefdruckgebiet der Musik. Und Kontrabass ist eine wunderbare Ergänzung zum E-Bass (auch wenn ich das erst im Studium erkannt habe). Ich habe also geübt und geübt, und mich dann soweit weitergebildet, dass ich Unterricht geben konnte. Zuerst viel privaten Unterricht, ab dem Alter von 17 Jahren. Und mit 19 habe ich dann angefangen in Musikschulen zu unterrichten, zunächst in der Nähe meiner Heimat (dort habe ich nämlich auch ein FSJ gemacht, weshalb ich überhaupt erst in Berührung mit der Musikschule kam. Kurz gesagt: ich musste in meinem FSJ einmal die Woche Personen zu der Musikschule fahren). Dann fiel wohl der Entschluss: Musik studieren.
Gesagt getan. Ich habe mich auf das Studium vorbereitet, mit großartiger Unterstützung meines Mentors Jens. Und die Aufnahmeprüfung hätte ich auch mit Bravur bestanden, wenn ich nicht so dermaßen aufgeregt gewesen wäre. Ich war so aufgeregt, dass ich in der praktischen Prüfung nicht einmal mehr meinen E-Bass stimmen konnte, weil ich so gezittert habe. Aber die Prüfer waren sehr kulant und ich hatte das Glück, dass ich mir ein paar Minuten nehmen konnte um mich zu beruhigen. Und dann klappte es auch. Bestanden habe ich die Prüfung, zwar nicht so gut wie gewollt, aber zumindest bestanden. Und die Prüfer sagten mir auch, dass sie glauben, dass ich das Studium mit Bravur bestehen könne. Das beruhigte mich sehr. Ich hatte also die Zulassung zum Musikstudium. Ich weiß ehrlich gesagt nicht einmal, warum ich so aufgeregt war in der Prüfung. Dort saßen nur fünf Leute, und ich hatte schon Gigs vor hunderten gespielt. Aber vielleicht war es genau das. Ich wusste, dass dort vor mir fünf gestandene Profis saßen, die jeden Fehler bemerken würden.
Im Wintersemester begann ich dann mein Musikstudium. Zugegeben waren meine Eltern zunächst skeptisch, gegenüber dieser „brotlosen Kunst“. Aber das legte sich schnell, als sie sahen mit wieviel Freude und Eifer ich bei der Sache war. Und die Sorgen gingen spätestens an dem Punkt flöten, an dem sie bemerkten, dass ich mit Anfang 20 einen weitaus höheren Stundenlohn hatte, als sie zu dieser Zeit. Im Studium blühte ich richtig auf, was sich im Endeffekt auch in den Noten widerspiegelte. Dazu kamen diverse Bands, Aushilfe für Bands, und das Unterrichten (einerseits privat, andererseits in einer renomierten Musikschule). Teilweise gab es Monate, in denen ich mehr verdiente als so manch einer, der eine gewöhnliche Vollzeitstelle hat, und das neben dem Studium. Irgendwie habe ich das gerockt.
Für viele stellt sich immer noch die Frage, warum Musiker „so viel“ Geld bekommen. Nehmen wir ein Beispiel: 400€ Gage am Abend für ungefähr vier Stunden Musik machen. Das klingt erstmal nach einem Stundenlohn von 100€. Und das ist doch nicht gerade wenig. Aber jetzt frage ich mal zurück: wieviel Geld bekommen wir denn für die vielen Jahre des Erlernen des Instruments? Oder für die Stunden, die wir täglich üben, damit unsere Leistung nicht abbaut, sondern sich steigert? Und wer zahlt für unsere Arbeitsmaterialien? Das sind nicht nur die Kosten für Instrumente, deren Instandhaltung und Pflege, oder die restliche kostspielige Technik, mit ihren Lager- und Transportkosten. Es sind auch die Verbrauchsgüter wie Saiten, Notenblöcke, Spritkosten fürs Auto (oder kommt ihr für euren gebuchten Auftritt zu mir nach Hause und guckt es euch dort an?), und sämtliche anderen Kosten, die auch in „normalen“ Berufen anfallen: Mietkosten für Büroräume, bzw. Proberäume, Marketingkosten, Versicherungen, Steuern und sonstige Abgaben, wie z.B. GEMA. Ich gebe z.B. jährlich ca. 400€ bis hin zu 500€ nur für Saiten und Pflegemittel für meine Instrumente aus. Und als Produzent, so gesehen mein zweites Standbein, ist das Equipment auch nicht günstig. Bei jedem Auftrag geht im Schnitt eine Sache kaputt – mit Glück nur ein Adapter für 4€, oder ein Kabel für 10€-20€; im schlimmsten Fall ein Mikrofon oder Preamp im Wert von mehreren hundert Euro.
Und nun kommt der entscheidende Punkt bzw. die entscheidende Frage: Warum sollte ich Musiker werden? Naja, es mag vielleicht jede Menge Aufwand sein, bis man soweit ist, aber im Endeffekt ist man sein eigener Herr, wenn man selbstständig ist, und kann, wenn man gut ist, auch gutes Geld verdienen. Vielleicht ist der Job nicht so krisensicher wie der eines verbeamteten Lehrers, oder eines Verwaltungsangestellten. Aber er ist ziemlich sicher – zumindest meiner Meinung nach – deutlich spannender und vor allem abwechslungsreicher. Und er kann sich aus vielen Aspekten zusammensetzen. Die Arbeit als Live-Musiker in Bands und musikalischen Projekten, oder in der klassischen Schiene im Orchester, als Studiomusiker für diverse Künstler oder festangestellt im Studio (was heutzutage leider kaum noch vorkommt), und natürlich auch die Arbeit als Musiklehrer an Musikschulen oder auch privat, um die kommende Generation kompetent auszubilden – alles spannende Aufgaben. Und es gibt noch mehr, wie z.B. die Arbeit als Produzent oder der ganze administrative Kram für andere Musiker, falls man selbst nicht so viel spielen möchte.
Die Musikwelt ist so vielseitig und vielfältig. Wichtig ist die Leidenschaft für diesen Beruf, denn ohne sie können wir das alle nicht. Unser Herz schlägt jeden Tag wieder für die Musik. Natürlich gibt es auch Tage, an denen wir wenig Lust haben, wie auch in jedem anderen Beruf. Aber vielleicht ist es in der Branche gerade wichtig, dass „Beruf“ von „Berufung“ kommt, und man sich wirklich für die Arbeit berufen fühlt.
Die Ausbildung zum Musiker gibt es leider nicht – zumindest noch keine staatliche anerkannte, soweit ich weiß. Es gibt jedoch einige Modellversuche. Der sinnigste Weg dahin sich Berufsmusiker nennen zu können, ist wohl oder übel noch das Musikstudium an einer Hochschule oder Universität. Leider gibt es auch Menschen, die zwar sehr musikalisch sind, aber dennoch keine allgemeine Hochschulreife erreicht haben – und in diesem Fall ist das Studium schwierig zu bekommen, zumindest an öffentlichen Hochschulen oder Universitäten. Es gibt aber durchaus private Studiengänge für das Fach Musik, oder artverwandte Fächer (z.B. Musikdesign oder Musikproduktion), aber auch musiknahe Ausbildungen, wie z.B. die Ausbildung zum Veranstaltungstechniker mit dem Schwerpunkt der Konzertkultur, oder Mediendesign mit Schwerpunkt auf Musikmarketing. Und natürlich bleibt einem auch noch die Möglichkeit, ohne Abschluss eines Studiums oder einer Ausbildung den Weg eines Berufsmusikers zu gehen. Es gibt durchaus einige Persönlichkeiten, die dies vorweisen können, aber das ist ganz sicher nicht der Regelfall! Ich hoffe dennoch, dass ihr alle euer Leidenschaft nachgehen könnt, nicht nur auf die Musik bezogen.
Keep On Rockin!